Jeder Vierte medikamentös behandelte nicht insulinpflichtige Typ-2-Diabetiker erhielt bisher Blutzuckerteststreifen zu Lasten der GKV und ist gegebenenfalls von der Verordnungseinschränkung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) betroffen, die am 01.10.2011 in Kraft getreten ist.
Seit dem 01.10.2011 ist die Verordnungsfähigkeit von Harn- und Blutzuckerteststreifen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für nicht insulinpflichtige Patientinnen und Patienten mit Typ-2-Diabetes nur noch in Ausnahmefällen, wenn eine instabile Stoffwechsellage vorliegt, möglich. Diese kann beispielsweise eintreten bei Neueinstellungen auf oder Umstellungen von Antidiabetika mit hohem Hypoglykämierisiko oder bei neu auftretenden Begleiterkrankungen [1]. Allerdings ist die Anzahl der verordnungsfähigen Blutzuckerteststreifen auf 50 Stück pro Behandlungssituation begrenzt. Grundlage des G-BA-Beschlusses bildete ein Gutachten des IQWiG zum Nutzen der Blutzuckerselbstmessung bei nicht mit Insulin behandelten Typ-2-Diabetikern [2]. Nach Inkrafttreten des G-BA-Beschlusses muss der behandelnde Arzt nunmehr im Einzelfall entscheiden und dokumentieren, ob bei dem nicht insulinpflichtigen Typ-2-Diabetiker eine Situation vorliegt, die eine Verschreibung von Blutzuckerteststreifen zur strukturierten Blutzuckermessung notwendig macht. Eine Stellungnahme der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) erläutert die Ausnahmeregelungen [3]. Das DAPI untersuchte in diesem Zusammenhang anhand von GKV-Verordnungsdaten aus dem Jahr 2009, welche verschiedenen medikamentösen Therapieregime Diabetiker erhielten und welcher Anteil der Patienten Verordnungen über Blutzuckerteststreifen zu Lasten der GKV in deutschen Apotheken einlöste. Grundlage der Auswertung bildeten alle Diabetiker, die in mindestens 2 verschiedenen Quartalen Antidiabetika verordnet bekamen. Bezugsquellen für Blutzuckerteststreifen außerhalb der vom DAPI erfassten öffentlichen Apotheken in Deutschland sind in der Auswertung nicht enthalten. Von den medikamentös behandelten Diabetikern wurden 20 % ausschließlich mit Insulin, 27 % mit einer Kombination aus Insulin mit mindestens einem weiteren Antidiabetikum und 53 % ohne Insulingabe medikamentös therapiert. Während bei den Diabetikern mit Insulin-haltigen Therapieregimen nahezu jeder Patient auch Blutzuckerteststreifen erhielt, war dies bei den nicht insulinpflichtigen Diabetikern nur jeder Vierte (siehe Abbildung). Zudem unterschied sich die Anzahl der im Median verordneten Blutzuckerteststreifen pro Patient deutlich in Abhängigkeit von dem Therapieregime: bei ausschließlicher Therapie mit Insulinen wurden im Beobachtungszeitraum im Median 200 Teststreifen pro Patient verordnet; bei Therapie mit Insulinen und anderen Antidiabetika 150 Teststreifen pro Patient. Dagegen wurden bei ausschließlicher Therapie mit Antidiabetika ohne Insulin im Median nur 50 Teststreifen pro Patient verordnet. Dies lässt vermuten, dass die Verordnung von Blutzuckerteststreifen auch bisher bei Patienten ohne Insulintherapie eher zurückhaltend erfolgte. Daher bleibt abzuwarten, inwieweit das Inkrafttreten des G-BA-Beschlusses einen signifikanten Einfluss auf das Verordnungsvolumen von Blutzuckerteststreifen haben wird.
[1] Gemeinsamer Bundesausschuss: Arzneimittel-Richtlinie Anlage III – Übersicht über Verordnungseinschränkungen und –ausschlüsse in der Arzneimittelversorgung; verfügbar unter https://www.g-ba.de/richtlinien/anlage/16/ (am 17.10.2011)
[2] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen: Urin- und Blutzuckerselbstmessung bei Diabetes mellitus Typ 2 - Abschlussbericht; verfügbar unter https://www.iqwig.de/download/A05-08_Abschlussbericht_Zuckerselbstmessung_bei_Diabetes_mellitus_Typ_2.pdf (am 17.10.2011)
[3] Deutsche Diabetes Gesellschaft: Stellungnahme zur Verordnungsfähigkeit von Urin- und Blutzuckerteststreifen für nicht insulinpflichtige Typ-2-Diabetiker ab dem 1.10.2011; verfügbar unter (Informationen zur Verordnungsfähigkeit von Urin_korrektur) (diabetesde.org) (am 17.10.2011)