Im Jahr 2022 wurden 64 % mehr Tagesdosen Metamizol pro 1.000 GKV-Versicherte abgegeben als im Jahr 2013.
01.12.2023 Gradl G Kieble M
Foto: ABDA

Metamizol (Novaminsulfon, Dipyron) ist ein seit etwa einhundert Jahren verwendetes nicht opioides Analgetikum mit antipyretischer und spasmolytischer Wirkung. Es ist allerdings auch bekannt für seltene, aber schwere Nebenwirkungen wie Agranulozytose, Schockreaktionen bei intravenöser Gabe sowie Leberschädigung [1, 2, 3]. Vor allem wegen des Risikos einer Agranulozytose ist Metamizol in einigen Ländern, wie z. B. USA, UK oder Schweden, nicht mehr zugelassen [4]. Hierzulande wurde im Jahr 1987 die Zulassung von Metamizol-haltigen Kombinationspräparaten widerrufen und für die Monopräparate die Verschreibungspflicht eingeführt sowie die Anwendungsgebiete beschränkt [5]. Zugelassene Anwendungsgebiete sind: Akute starke Schmerzen nach Verletzungen oder Operationen, Koliken, Tumorschmerzen, sonstige akute oder chronische starke Schmerzen, soweit andere therapeutische Maßnahmen nicht indiziert sind sowie hohes Fieber, das auf andere Maßnahmen nicht anspricht [6]. Vor allem bei postoperativen Schmerzen, nach Verletzungen, bei Koliken oder Tumorschmerzen wird es sehr häufig angewendet, u. a. da das gastrointestinale und renale bzw. das Abhängigkeitsrisiko geringer ist als bei nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) bzw. Opioiden [4, 7, 8]. 
Trotz der genannten Risiken wurden Arzneimittel mit dem Wirkstoff Metamizol im Zeitraum 1997 bis 2018 immer häufiger verordnet [9]. Die Meldungen von Nebenwirkungen haben im Zeitraum 2010 bis 2020 ebenfalls zugenommen [3].
Das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut e.V. (DAPI) hat untersucht, wie sich die Verordnungszahlen von Metamizol zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Zeitraum 2013 bis 2022 entwickelt haben. Hierfür wurden die Anzahl abgegebener Packungen und die definierten Tagesdosen (Defined Daily Doses, DDD) pro 1.000 GKV-Versicherte pro Tag (Defined Daily Doses per 1.000 Inhabitants per Day, DID) ermittelt (siehe Abbildung). Im Jahr 2022 wurde mit 10,0 DID (31,0 Mio. Packungen) 64 % mehr Metamizol verordnet als im Jahr 2013 mit 6,1 DID (17,3 Mio. Packungen).


[1]    Andrade S, Bartels DB, R Lange, Sandford L, Gurwitz J. Safety of metamizole: a systematic review of the literature. J Clin Pharm Ther. 2016; 41(5): 459-77.
[2]    Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Aus der UAW-Datenbank: Agranulozytose nach Selbstmedikation mit Metamizol. Dtsch Arztebl. 2023; 120(15): 685-86.
[3]    Lübow C, Rotthauwe J, Behles C. Metamizol: schwerwiegende Nebenwirkungen – Update. Bulletin zur Arzneimittelsicherheit - Informationen aus BfArM und PEI. 2022; 4: 24-8.
[4]    Kötter T, da Costa BR, Fässler M, Blozik E, Linde K, Jüni P, Reichenbach S, Scherer M. Metamizole-associated adverse events: A systematic review and meta-analysis. PLoS ONE. 2015; 10(4): e0122918
[5]    Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft informiert: Bundesgesundheitsamt schränkt Anwendungsgebiet von Metamizol-haltigen Monopräparaten ein. Dtsch Arztebl. 1986; 19(47): 3267.
[6]    Fachinformation Novaminsulfon 500 mg Lichtenstein Tropfen, März 2023. portal.dimdi.de/amguifree/termsofuse.xhtml (letzter Zugriff am 7.11.2023)
[7]    Konijnenbelt-Peters J, van der Heijden C, Ekhart C, Bos J, Bruhn J, Kramers C. Metamizole (dipyrone) as an alternative agent in postoperative analgesia in patients with contraindications for nonsteroidal anti-inflammatory drugs. Pain Pract. 2017; 17(3): 402-408. 
[8]    Volberg C, Corzilius J, Maul J, Morin A, Gschnell M.  Schmerztherapie in der deutschen spezialisierten ambulanten Palliativversorgung. Schmerz. 2023 Feb 8.
[9]    Hoffmann F, Bantel C, Tilmann von Rosen F, Jobski K. Regional Differences in Prescribing Patterns of Metamizole in Germany Based on Data from 70 Million Persons. Int J Environ Res Public Health. 2020; 17(11): 3892.