Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in Deutschland die häufigste Todesursache und verursachen insgesamt etwa 40 Prozent aller Sterbefälle [1]. Neben gesundheitsbeeinträchtigenden Verhaltensweisen sowie arterieller Hypertonie, Diabetes mellitus und Adipositas gehören Fettstoffwechselstörungen zu den wichtigsten beeinflussbaren Risikofaktoren. Bei Letzteren ist insbesondere die Erhöhung des LDL-Cholesterins (LDL-C) problematisch. Dessen Senkung stellt eine effektive Maßnahme dar, um das kardiovaskuläre Risiko zu senken [2].
In der medikamentösen Therapie sind hierbei HMG-CoA-Reduktasehemmer (Statine) die Mittel der ersten Wahl. Die aktuellen Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) und der European Atherosclerosis Society (EAS) zum Management von Fettstoffwechselstörungen empfehlen, das Statin mit dem Cholesterin-Resorptionshemmer Ezetimib zu kombinieren, wenn mit der maximal tolerierten Statin-Dosis keine ausreichende LDL-C-Senkung erreicht wird [3]. Bei Statinunverträglichkeit oder Kontraindikation kann Ezetimib außerdem als Alternative zu Statinen eingesetzt werden. Eine aktuelle Studie hat gezeigt, dass das LDL-C mit Fixdosiskombinationspräparaten (FDCs) aus Statin und Ezetimib stärker gesenkt werden kann als mit den jeweiligen Monopräparaten [4]. Im Medikationskatalog Fettstoffwechselstörungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, welcher Vertragsärzte bei einer evidenzbasierten, sicheren und wirtschaftlichen Verordnungsentscheidung unterstützen soll, werden diese FDCs allerdings nur als nachrangig zu verordnende Präparate eingestuft [5].
Das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut e. V. (DAPI) hat anhand von Abrechnungsdaten der Jahre 2012 bis 2021 ausgewertet, wie sich im Zehnjahreszeitraum das Verschreibungsverhalten von Ezetimib- und Statin-haltigen Arzneimitteln sowie von anderen Lipidsenkern verändert hat. Ausgewertet wurde die Anzahl der in öffentlichen Apotheken zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgegebenen Definierten Tagesdosen pro 1.000 GKV-Versicherte pro Tag (Defined Daily Doses (DDD) per 1.000 Inhabitants (hier: GKV-Versicherte) per Day, DID) im Jahresverlauf.
Die Verschreibungen von allen Lipidsenkern stiegen kontinuierlich von 69,8 DID in 2012 auf 118,2 DID in 2021. In Konformität mit den Empfehlungen der Leitlinien machten Statine den Hauptteil an allen Lipidsenker-Verordnungen aus; mit 94,2 % (111,4 DID) im Jahr 2021 bei Betrachtung aller Statin-Präparate bzw. 91,2 % (107,8 DID) bei Betrachtung nur der Statin-Monopräparate. Der Anteil an Ezetimib-Verordnungen als Monopräparat betrug 4,4 % (5,2 DID), der entsprechende Anteil als FDCs mit Statinen nur 2,9 % (3,5 DID).
Im Zehnjahreszeitraum stiegen die Verordnungen von Statin-Monopräparaten um 69 % an (von 63,9 auf 107,8 DID), die von Ezetimib-Monopräparaten um 420 % (von 1,0 auf 5,2 DID), wobei bei Letzteren insbesondere ab 2018 ein starker Anstieg zu verzeichnen war (siehe Grafik). Dies dürfte u. a. in Zusammenhang mit der generischen Verfügbarkeit dieser Präparate und der dementsprechenden Absenkung der Therapiekosten seit 2018 stehen. Deren durchschnittliche Nettokosten sanken seit 2017 sprunghaft von 1,73 € auf 0,39 €/Tag im Jahr 2021. Zwar sind auch Statin-Ezetimib-FDCs seit Ende 2018 generisch verfügbar und ihre durchschnittlichen Nettokosten fielen von 2018 bis 2021 von 2,07 € auf 0,81 €/Tag, die Steigerung der Verordnungen im Untersuchungszeitraum fiel mit 29 % allerdings nur gering aus. Bei Statin-Ezetimib-FDCs war außerdem beachtenswert, dass es erhebliche regionale Unterschiede in ihrer Verschreibungshäufigkeit gab und dass Fachärzte, insbesondere Kardiologen, diese deutlich häufiger verordneten als Allgemeinmediziner.
Weitergehende Informationen können der Original-Publikation entnommen werden, die in Kooperation mit der Klinik und Poliklinik für Kardiologie des Universitätsklinikum Leipzig und der Klinik für Innere Medizin III des Universitätsklinikums des Saarlandes entstanden ist (https://www.dapi.de/publikationen/trends-in-ezetimibe-prescriptions-as-monotherapy-or-fixed-dose-combination-in-germany-2012-2021 [6]).
[1] Robert Koch-Institut. Gesundheitsmonitoring, Themenschwerpunkte, Herz-Kreislauf-Erkrankungen. www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Themen/Chronische_Erkrankungen/HKK/HKK_node.html. Accessed 03 June 2022.
[2] Silverman MG, Ference BA, Im K et al. Association between lowering LDL-C and cardiovascular risk reduction among different therapeutic interventions: A systematic review and meta-analysis. JAMA. 2016;316(12):1289-1297. doi:10.1001/jama.2016.13985
[3] Mach F, Baigent C, Catapano AL et al. 2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias: lipid modification to reduce cardiovascular risk [published correction appears in Eur Heart J. 2020;41(44):4255]. Eur Heart J. 2020;41(1):111-188. doi:10.1093/eurheartj/ehz455
[4] Katzmann JL, Sorio-Vilela F, Dornstauder E, Fraas U, Smieszek T, Zappacosta S et al. Non-statin lipid-lowering therapy over time in very-high-risk patients: effectiveness of fixed-dose statin/ezetimibe compared to separate pill combination on LDL-C. Clin Res Cardiol. 2022;111:243–252. doi: 10.1007/s00392-020-01740-8
[5] Kassenärztliche Bundesvereinigung (Hrsg.). Medikationskatalog Fettstoffwechselstörungen. Stand 1.1.2022. www.kbv.de/html/medikationskatalog.php Accessed 13 July 2022.
[6] Katzmann JL, Kieble M, Enners S, Böhm M, Mahfoud F, Laufs U, Schulz M. Trends in ezetimibe prescriptions as monotherapy or fixed-dose combination in Germany 2012–2021. Front Cardiovasc Med. 2022;9:912785. doi: 10.3389/fcvm.2022.912785