829.764 Packungen HPV-Impfstoffe wurden seit März 2007 zu Lasten der GKV abgegeben.
Traditionell wird jährlich am 10. Dezember der Nobelpreis für Physiologie und Medizin an herausragende Wissenschaftler überreicht. Dieses Jahr geht der Preis jeweils zur Hälfte an den deutschen Krebsforscher Professor Harald zur Hausen und an die beiden Franzosen Francoise Barré-Sinoussi und Luc Montagnier.
Zur Hausen wird für seine Entdeckung und langjährige Forschung an den humanen Papillomaviren (HPV) geehrt. Als erster Wissenschaftler überhaupt erkannte er, dass bestimmte Typen dieses Virus Gebärmutterhalskrebs auslösen können. Dank seiner Studien wurde ein Impfstoff gegen HPV entwickelt, der seit September 2006 europaweit - und damit auch in Deutschland – zugelassen ist. Nachdem im März 2007 die Ständige Impfkommission die sofortige Impfempfehlung gegen HPV ausgesprochen hatte, wurde diese Impfung in den Leistungskatalog aller gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen.
Das DAPI hat seitdem die Verordnungen zur HPV-Impfung im GKV-Bereich beobachtet und stellt nun die Entwicklung der ersten anderthalb Jahre seit Erstattungspflicht dar (Startet den Datei-Downloadsiehe Graphik). Zunächst setzte bei den HPV-Impfstoffverordnungen ein Wachstum ein, das mit der Einführung eines zweiten Impfstoffs im Oktober 2007 sprunghaft anstieg und seinen bisherigen Höhepunkt im Januar 2008 erreichte. Es folgte ein rückläufiger Trend, der lediglich von einer Spitze im April 2008 unterbrochen wurde.
Insgesamt wurden zu Lasten der GKV 829.764 Packungen HPV-Impfstoffe zwischen März 2007 und Juni 2008 verschrieben und in Apotheken abgegeben. Zu beachten ist bei dieser Zahl, dass man aufgrund der unterschiedlichen Packungsgrößen weder auf die Anzahl der geimpften Patientinnen noch auf die Menge der verabreichten Impfstoffdosen schließen darf.
Auffällig an dieser Zeitreihe ist eine Parallele zum zeitlichen Verlauf der Medienberichterstattung. Anfangs betonte die Presse die positiven Effekte der HPV-Impfung, begleitet von einer breit angelegten Werbekampagne des Impfstoffherstellers. Nachdem Ende Januar 2008 das Paul-Ehrlich-Institut und die europäische Arzneimittelzulassungsbehörde sich zu zwei Todesfällen in Deutschland und Österreich äußerten, deren Ursache nicht geklärt werden konnte, die aber in engem zeitlichen Abstand zur HPV-Impfung eintraten, gelang es den Impfskeptikern, sich in den Medien mehr Gehör zu verschaffen.
Das Hauptproblem bei der Entscheidung über eine Empfehlung pro oder contra einer HPV-Impfung sind die fehlenden Langzeitdaten. Ob und in welchem Ausmaß sie schwere Gebärmutterhalswarzen als Vorstufen eines Tumors, Gebärmutterhalskrebserkrankungen und Todesfälle dauerhaft verhindert, wird erst nach Jahrzehnten bekannt sein. Viele Fragen zu langfristigen Nebenwirkungen oder Spätfolgen der Impfung wird man auch erst im Laufe von Jahrzehnten beantworten können. Daher kann gegenwärtig ohne die Kenntnis von Ergebnissen aus Langzeitstudien eine sichere Empfehlung, die über die ersten fünf Jahre nach der Impfung hinausreicht, nicht gegeben werden.
Wichtig ist es aber für alle Frauen, regelmäßig an der Krebsfrüherkennungsuntersuchung teilzunehmen, die völlig schmerzfrei ist und von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt wird. Wegen des langsamen Fortschreitens der Gebärmutterhalszellen von den ersten Vorstadien bis hin zu Krebszellen erkennt diese Vorsorge frühzeitig schwerwiegende Erkrankungsverläufe, und geeignete Therapiemaßnahmen können rechtzeitig ergriffen werden. Die Vorsorgeempfehlung gilt auch für geimpfte Frauen, denn die HPV-Impfung schützt nicht vor allen Typen des Virus. In Deutschland wird etwa ein Viertel der Gebärmutterhalskrebserkrankungen von HPV-Typen ausgelöst, gegen die die Impfung wirkungslos ist. Deshalb bleibt die Vorsorgeuntersuchung nach wie vor unerlässlich.