In öffentlichen Apotheken wurden in den ersten acht Monaten des Jahres 2012 18-mal so viele Packungen Pradaxa® zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen abgegeben wie im Vorjahreszeitraum.
Vorhofflimmern ist mit einer Prävalenz von 1-2 % die häufigste anhaltende Herzrhythmusstörung in der deutschen Bevölkerung [1]. Es ist u.a. mit einem erhöhten Risiko für Schlaganfall assoziiert, weshalb abhängig vom individuellen Risiko für viele Patienten eine antithrombotische Therapie empfohlen wird. Vitamin-K-Antagonisten (Phenprocoumon, Warfarin) werden seit Jahrzehnten zur Prophylaxe von thromboembolischen Ereignissen bei Vorhofflimmern eingesetzt und gelten als Standard in dieser Indikation. In Deutschland stehen seit geraumer Zeit drei neue orale Antikoagulantien für die Prophylaxe von Schlaganfällen und systemischen Embolien bei Vorhofflimmern zur Verfügung: der direkte Thrombinhemmer Dabigatran (Prodrug Dabigatranetexilat, Pradaxa®) und die beiden direkten Hemmer von Faktor Xa Rivaroxaban (Xarelto®) und Apixaban (Eliquis®). Anhand der DAPI-Daten wurden die Ab- und Umsätze der drei neuen Arzneimittel in der ambulanten Versorgung der gesetzlich versicherten Patienten von 2010 bis August 2012 ermittelt. Stationäre Verordnungen wurden nicht erfasst. Pradaxa® von Boehringer Ingelheim Pharma und Xarelto® von Bayer Vital sind bereits seit 2008 für die Thromboemboliepropylaxe nach elektiven Hüft- und Kniegelenkersatzoperationen zugelassen. Im August 2011 erhielt Pradaxa® von der Europäischen Kommission die Zulassung für die Indikation der Schlaganfallprophylaxe bei Vorhofflimmern und konnte innerhalb von zwei Monaten seinen Absatz um mehr als das Sechsfache steigern, von ca. 3.500 Packungen im August 2011 auf über 22.000 Packungen im Oktober 2011 (siehe Abbildung 1). Seither hat Pradaxa® einen kontinuierlichen Anstieg des Absatzes auf ca. 43.000 Packungen im August 2012 zu verzeichnen. Ein ähnlicher zeitlicher Verlauf ist bei Xarelto® zu beobachten. Bis zur seiner Zulassung bei Vorhofflimmern und zeitgleich einer dritten Indikation (Behandlung von tiefen Venenthrombosen (DVT) und Prävention des erneuten Auftretens von DVT und Lungenembolien) im Dezember 2011 stieg der Absatz zwar kontinuierlich leicht an, blieb aber unter 5.000 Packungen pro Monat. Seit diesem Zeitpunkt hat Xarelto® einen steilen Verordnungsanstieg zu verzeichnen. Zwar haben Pradaxa® und Xarelto® Anfang des zweiten Halbjahres 2012 eine ungefähr gleich hohe Verordnungsanzahl erreicht, der Umsatz von Xarelto® hingegen war zu diesem Zeitpunkt beinahe doppelt so hoch wie von Pradaxa® (siehe Abbildung 2). Die größte Packungsgröße von Xarelto® 20 mg reicht aufgrund der 1x-täglichen Einnahme bei Vorhofflimmern für drei Monate aus und hatte einen Apothekenverkaufspreis von 320,25 Euro (Stand ABDA-Artikelstamm: 15.08.2012). Die größte Packung Pradaxa® 150 mg reicht aufgrund der 2x-täglichen Einnahme nur für 50 Tage und kostete mit 168,66 Euro auch nur gut die Hälfte. Die täglichen Therapiekosten bei beiden Präparaten sind folglich nahezu gleich hoch. Dies heißt aber auch, dass von Xarelto® trotz gleich großem Absatz gemäß Packungen Anfang des zweiten Halbjahres 2012 deutlich mehr DDD (Defined Daily Dose) zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen abgegeben wurden als von Pradaxa®. Eliquis®, angeboten von der Vertriebsgemeinschaft Bristol-Myers Squibb und Pfizer Pharma, kam erst Mitte 2011 auf den deutschen Markt, zunächst nur bei Hüft- und Kniegelenkersatzoperationen. Der Absatz insgesamt bis zum August 2012 war im ambulanten Bereich auf wenige tausend Packungen begrenzt. Da Eliquis® die Zulassung zur Thromboembolieprophylaxe bei Vorhofflimmern erst Ende 2012 erhielt, kann ihre Auswirkung auf die Verordnungshäufigkeit derzeit noch nicht abgebildet werden.
[1] Schott, G. et al.: Leitfaden der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Orale Antikoagulation bei nicht valvulärem Vorhofflimmern. Version 1.0 September 2012