Für bakterielle Infektionen sind Antibiotika ein wesentlicher Bestandteil der Therapie. Der Einsatz sollte aber gezielt und gemäß Leitlinien erfolgen. Ein ungeeigneter und / oder übermäßiger Gebrauch sollte vermieden werden, um eine Verbreitung von Antibiotika-Resistenzen zu vermeiden und so die Wirksamkeit der Antibiotika nicht zu gefährden [1]. Insbesondere sollte der Gebrauch von Fluorchinolonen beobachtet werden, weil diese mit einem hohen Risiko schwerwiegender Nebenwirkungen assoziiert sind [2].
Der im Vergleich zu anderen europäischen Ländern hohe Gebrauch von Cephalosporinen in Deutschland ist bezüglich des leitliniengerechten Einsatzes zu hinterfragen, weil durch ihren Einsatz einerseits Resistenzbildung bei gramnegativen Erregern gefördert und andererseits das Risiko für Clostridium difficile-Infektionen erhöht wird [3].
Der Gebrauch von systemisch wirkenden Antibiotika insgesamt war während der COVID-19-Pandemie deutlich zurückgegangen [4, 5]. Die Veränderungen waren bei Kindern und Jugendlichen besonders deutlich und korrespondierten mit den pandemiebedingten Infektionsschutzmaßnahmen seit dem Frühjahr 2020, was mit einem Rückgang von Atemwegsinfektionen in Verbindung gebracht wurde [5].
Das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut e. V. (DAPI) hat untersucht, wie sich die Verordnungsraten, gemessen in Packungen pro 1.000 GKV-Versicherte pro Jahr, der peroral angewendeten Antibiotikagruppen im Zeitraum 2019 bis 2023 in öffentlichen Apotheken zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung entwickelt haben (siehe Abbildung).
Die Verordnungsrate der Penicilline war in den Jahren 2020 (90) und 2021 (82) im Vergleich zu 2019 (124) deutlich zurückgegangen und im Jahr 2023 auf einen höheren Wert als vor der COVID-19-Pandemie (151) gestiegen. Eine ähnliche Entwicklung zeigte sich bei der Gruppe der Makrolide und Lincosamide (2019: 73, 2021: 40, 2023: 80). Die Verordnungsraten der Tetrazykline, von Sulfonamiden und/oder Trimethoprim und von Antibiotika der ATC3-Gruppe J01X (z. B. Fosfomycin, Nitrofurantoin und Nitroxolin) waren im Jahr 2023 jeweils etwas geringer als im Jahr 2019.
Die Verordnungsrate der Fluorchinolone war im Jahr 2023 mit 26 deutlich geringer als noch im Jahr 2019 (37), was auf eine Fortsetzung des fallenden Trends hindeutet, wie er bereits vor der COVID-19-Pandemie zu beobachten war [3]. Die Verordnungsrate der Cephalosporine war dagegen im Jahr 2023 (80) fast genauso hoch wie im Jahr 2019 (81). Die Verordnungsrate aller oral angewendeten systemisch wirkenden Antibiotika lag mit 413 im Jahr 2023 wieder etwas höher als im Jahr 2019 (402).
[1] World Health Organization: The WHO AWaRe (Access, Watch, Reserve) antibiotic book. www.who.int/publications/i/item/WHO-MHP-HPS-EML-2022.02 (letzter Zugriff: 11.03.2024)
[2] Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Rote-Hand-Brief zu systemisch und inhalativ angewendeten fluorchinolonhaltigen Antibiotika: Erinnerung an die Anwendungsbeschränkungen. 07.06.2023. www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Pharmakovigilanz/DE/RHB/2023/rhb-fluorchinolone.html (letzter Zugriff: 11.03.2024).
[3] Gradl G, Werning J, Enners S, Kieble M, Schulz M. Quality appraisal of ambulatory oral cephalosporin and fluoroquinolone use in the 16 German federal states from 2014–2019. Antibiotics. 2021; 10: 831.
[4] Enners S, Gradl G, Kieble M, Böhm M, Laufs U, Schulz M. Utilization of drugs with reports on potential efficacy or harm on COVID-19 before, during, and after the first pandemic wave. Pharmacoepidemiol Drug Saf. 2021;30(11):1493-1503.
[5] Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung. Anzahl der vertragsärztlichen Antibiotikaverordnungen im Zeitraum Januar 2016 bis Mai 2021. www.zi.de/detailansicht/februar-2022 (letzter Zugriff: 11.03.2024)