Im Jahr 2014 wurden 1,74 Millionen Packungen orale Tumortherapeutika abgegeben
19.10.2015 - Berlin Kieble M Gradl G
Foto: ABDA

Tumortherapeutika, die Patienten in Form von Tabletten, Kapseln oder Suspensionen zuhause einnehmen, sind Arzneimittel, bei deren Abgabe dem Apotheker eine besondere Verantwortung zukommt [1].

Individuelle Einnahmepläne von oralen Tumortherapeutika können neben Hinweisen darüber, dass Tabletten beispielsweise nicht geteilt werden dürfen, Anweisungen zu wechselnden Dosierungen und Hinweise zum Einnahmezeitpunkten  beinhalten, die beachtet werden müssen, um die Wirksamkeit des Arzneimittels und die Patientensicherheit nicht zu beeinträchtigen. Dabei kann es vorkommen, dass diese Einnahmepläne in ihrer Komplexität vom Patienten nach dem Arztbesuch nicht umfänglich verstanden wurden. Auf die spezifischen Nebenwirkungen und Wechselwirkungen der einzelnen Tumortherapeutika sollte ebenfalls detailliert hingewiesen werden. Schließlich muss auch die Sicherheit der den Patienten nahestehenden Personen wie Verwandte oder Pflegepersonal beachtet werden. Bei den Wirkstoffen in Tumortherapeutika handelt es sich größtenteils um Stoffe, die ihrerseits karzinogene, mutagene oder reproduktionstoxische Eigenschaften besitzen, so dass auf eine besondere Vorsicht bei der Handhabung hingewiesen werden muss.

Im Hinblick auf diesen bei der Abgabe von Tumortherapeutika vorhandenen, erhöhten Beratungsbedarf hat das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut e.V. (DAPI) analysiert, wie viele Packungen von oralen Tumortherapeutika in den vergangenen Jahren in öffentlichen Apotheken zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abgegeben wurden. Im Jahr 2014 waren es 1,74 Millionen Packungen. Dies sind 2,8% mehr als in 2013 und 10% mehr als noch im Jahr 2011. Die Abbildung zeigt, welche der Wirkstoffe, die in oralen Onkologika verwendet werden, am meisten zu dieser Steigerung über diese drei Jahre beigetragen haben. Dies waren in erster Linie die Antiestrogene mit rund 390.000 abgegebenen Packungen in 2014 und 21% Steigerung von 2014 gegenüber 2011 sowie die Kinaseinhibitoren  mit rund 220.000  abgegebenen Packungen in 2014 und 49% Steigerung von 2014 gegenüber 2011. Auch die Absatzzahlen des Hormonantagonisten Abirateron haben sich seit seiner Markteinführung in 2011 auf rund 58.000 abgegebene Packungen in 2014 stark erhöht. Weiterhin hat die Abgabe des Wirkstoffs Hydroxycarbamid über die vier beobachteten Jahre stetig zugenommen. Eine deutliche Zunahme fand außerdem bei den Abgaben der Immunmodulatoren Thalidomid, Lenalidomid und Pomalidomid  mit insgesamt rund 35.000 abgegebenen Packungen in 2014 und 28% Steigerung von 2014 gegenüber 2011 statt. Bei den zuletzt genannten Wirkstoffen ist zudem zu beachten, dass diese gemäß Arzneimittelverschreibungsverordnung nur auf speziell hierfür vorgesehenen, amtlichen Vordrucken verordnet werden dürfen und besondere Sicherheitsmaßnahmen und Vorgaben zur Dokumentation der Abgabe einzuhalten sind [2,3]. An diesem Beispiel zeigt sich daher besonders deutlich, dass mit einer Zunahme der Menge an Abgaben dieser hochwirksamen, jedoch risikobehafteten Arzneimittel auch der Anspruch einer sachgemäßen Handhabung und umfänglichen Beratung zunehmend steigt.


[1] Heyn G. Orale Onkologika - Besonderer Beratungsbedarf Pharm Ztg. 2015; 160 (35): 2606-2611.
[2] Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln (Arzneimittelverschreibungsverordnung - AMVV) § 3a www.gesetze-im-internet.de/amvv/__3a.html (zuletzt aufgerufen am 08.10.2015)
[3] Verordnung über den Betrieb von Apotheken (Apothekenbetriebsordnung - ApBetrO) § 17 Erwerb und Abgabe von Arzneimitteln und Medizinprodukten www.gesetze-im-internet.de/apobetro_1987/__17.html (zuletzt aufgerufen am 08.10.2015)