In 2015 lagen die GKV-Ausgaben für in öffentlichen Apotheken abgegebene innovative Arzneistoffe bei 260 Mio Euro
20.09.2016 - Berlin Gradl G Krieg EM
Foto: Ed (Edgar181) (Own work) [Public domain],via Wikimedia Commons

2015 war ein ausgesprochen produktives Jahr, was die Markteinführung innovativer Arzneistoffe anging. Im Rahmen einer Bewertung auf der Basis eines Positionspapiers der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) zur Beurteilung von Arzneimittelinnovationen [1] wurden von den insgesamt 35 neuen Wirkstoffen 25 vorläufig als Innovation eingestuft [2]. Zehn davon erhielten eine Einordnung als so genannte Sprunginnovation, das heißt Arzneistoffe, die als erste Vertreter einer neuen Stoffklasse einen bedeutenden therapeutischen Fortschritt markieren. Unter diesen sind insbesondere Onkologika vertreten. Fünfzehn Arzneistoffe wurden im Rahmen der Bewertung als so genannte Schrittinnovation eingestuft. Eine solche zeichnet sich meist durch eine schrittweise Optimierung bekannter Wirkstoffe aus, kann jedoch auch beispielsweise durch die Entwicklung neuer Darreichungsformen erreicht werden, welche die therapeutischen Möglichkeiten verbessern [1].

Das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut e.V. (DAPI) hat ermittelt, wie häufig diese Arzneistoffe zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in öffentlichen Apotheken abgegeben wurden und wie hoch die GKV-Ausgaben waren. Die Tabelle listet diese Werte zusammen mit dem jeweiligen Handelsnamen der auf dem deutschen Markt befindlichen Präparate und ihren Anwendungsgebieten auf. Zusätzlich zu der oben erläuterten Einordnung als Schritt- bzw. Sprunginnovation ist das Ergebnis der frühen Nutzenbewertung des gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) nach § 35a SGB V aufgeführt, welche mittlerweile für alle aufgeführten Arzneistoffe erfolgt ist [3 – 24].
Insgesamt beliefen sich die GKV-Ausgaben für diese in öffentlichen Apotheken abgegebenen Arzneistoffe in 2015 auf 260 Mio €. Die Ausgaben für als Sprunginnovationen bewertete Wirkstoffe machten hierbei 14 Mio € aus, was jedoch keine Aussage bezüglich ihres Stellenwertes in den entsprechenden Therapiefeldern zulässt, da es sich gerade bei diesen Arzneistoffen unter anderem um Neuerungen in der Behandlung seltener Erkrankungen (sog. Orphan Drugs) handelt. Den größten Anteil an den ermittelten Ausgaben hatten die HCV-Therapeutika mit 168 Mio €. Innovative Wirkstoffe zur Behandlung der Psoriasis schlugen mit 40 Mio € zu Buche. Für die neuen und als innovativ bewerteten onkologischen Wirkstoffe lagen die GKV-Ausgaben bezüglich der Apothekenabgaben bei 33 Mio €. Bei den Innovationen in allen anderen Anwendungsgebieten zusammengenommen betrugen die ermittelten GKV-Ausgaben 19 Mio €.
Interessant ist darüber hinaus eine Betrachtung der sich aus den jeweiligen GKV-Ausgaben und abgegebenen Packungen ergebenden durchschnittlichen Ausgaben pro Packung der einzelnen Wirkstoffe. Die mit Abstand höchsten Packungspreise bzw. Ausgaben ergeben sich für zwei Wirkstoffe zur Behandlung (sehr) seltener Erkrankungen. Diese liegen bei Arzneimitteln mit Asfotase alfa (Strensiq®) zur Behandlung der Hypophosphatasie sowie von Präparaten mit Eliglustat (Cerdelga®) zur Behandlung der lysosomalen Speicherkrankheit Morbus Gaucher weit im fünfstelligen Bereich.
Das Ergebnis der Nutzenbewertung durch den G-BA gemäß § 130b SGB V bildet die Grundlage für nachfolgende Verhandlungen zwischen dem GKV-Spitzenverband und den pharmazeutischen Unternehmern über entsprechende Erstattungsbeträge. Arzneimittel ohne nachgewiesenen Zusatznutzen werden einer bereits bestehenden Festbetragsgruppe zugeordnet (sofern diese existiert) [25]. Dies könnte der Grund dafür sein, dass vergleichsweise niedrigere Ausgaben pro Packung fast ausschließlich bei den Wirkstoffen zu finden sind, welchen der G-BA keinen nachgewiesenen Zusatznutzen gegenüber einer zweckmäßigen Vergleichstherapie attestiert hat. Beispiele hierfür sind das Antidepressivum und Psychoanaleptikum Vortioxetin (Brintellix®) sowie der µ-Opioid-Rezeptor-Antagonist Naloxegol (Moventig®) zur Behandlung der Opioid-induzierten Obstipation (OIC). In der auf Grundlage des DPhG-Positionspapiers [1] vorgenommenen Bewertung wurden diese Wirkstoffe als Schrittinnovationen im jeweiligen Therapiegebiet bewertet.
Abgaben in Krankenhausapotheken sowie Abgaben in Form von parenteralen Zubereitungen wurden in der Auswertung nicht erfasst. Dies erklärt, weshalb für die Arzneistoffe Cangrelor, Blinatumomab und  Sebelipase alfa keine Absatzzahlen ermittelt werden konnten. Es handelt sich hierbei um Infusionslösungen, die zur stationären Anwendung vorgesehen sind. Auch die Arzneistoffe Nivolumab, Pembrolizumab und Ramucirumab werden in Form von Infusionen verabreicht. Es ist davon auszugehen, dass die Abgaben der entsprechenden PZN in öffentlichen Apotheken als Fertigarzneimittel nur einen Teil der gesamten Abgaben dieser Arzneistoffe darstellen.

 

[1]  Blume H, Brauer K, Dingermann T, Holzgrabe U, Kleinebudde P, Mohr K, Morck H, Mutschler E, Schubert-Zsilavecz, M, Schunack W, Weiser M, Zündorf I. Kriterien für die Beurteilung von Arzneimittelinnovationen, Positionspapier der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft unter Mitarbeit der Arbeitsgemeinschaft für Pharmazeutische Verfahrenstechnik http://www.dphg.de/fileadmin/content/pdfs/DPhG-Positionspapier.pdf, (zuletzt aufgerufen am 16.6.2016)
[2]  Gensthaler BM, Gräfe KA, Mende A, Morck H, Siebenand S. Die neuen Arzneistoffe 2015 Pharm Ztg. 2016; 161 (3): Supplement 4-39.
[3]  Beschlusstext des G-BA nach Nutzenbewertung von Lumacaftor vom 02.06.2016: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2603/2016-06-02_AM-RL-XII_Lmacaftor-Ivacaftor_D-204.pdf, (zuletzt aufgerufen am 16.6.2016)
[4]  Beschlusstext des G-BA nach Nutzenbewertung von Apremilast vom 15.02.2015: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2304/2015-08-06_AM-RL-XII_Apremilast_2015-02-15-D-151_BAnz.pdf, (zuletzt aufgerufen am 16.6.2016)
[5]  Beschlusstext des G-BA nach Nutzenbewertung von Secukinumab vom 02.06.2016: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2602/2016-06-02_AM-RL-XII_Secukinumab-nAWG_D-202.pdf, (zuletzt aufgerufen am 16.6.2016)
[6]  Beschlusstext des G-BA nach Nutzenbewertung von Asfotase alfa vom 17.03.2016: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2526/2016-03-17_AM-RL-XII_Asfotase-alfa_D-188_BAnz.pdf, (zuletzt aufgerufen am 16.6.2016)
[7]  Beschlusstext des G-BA nach Nutzenbewertung von Eliglustat vom 01.10.2015: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2350/2015-10-01_AM-RL-XII_Eliglustat_2015-04-01-D-159_BAnz.pdf, (zuletzt aufgerufen am 16.6.2016)
[8]  Beschlusstext des G-BA nach Nutzenbewertung von Sebelipase alfa vom 17.03.2016: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2528/2016-03-17_AM-RL-XII_Sebelipase-alfa_D-187_BAnz.pdf, (zuletzt aufgerufen am 16.6.2016)
[9]  Beschlusstext des G-BA nach Nutzenbewertung von Alirocumab vom 04.05.2016: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2573/2016-05-04_A;-RL-XII_Alirocumab_2015-11-15-D-194.pdf, (zuletzt aufgerufen am 16.6.2016)
[10] Beschlusstext des G-BA nach Nutzenbewertung von Evolocumab vom 09.03.2016: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2517/2016-03-09_AM-RL-XII_Evolocumab_2015-09-15-D-181_BAnz.pdf, (zuletzt aufgerufen am 16.6.2016)
[11] Beschlusstext des G-BA nach Nutzenbewertung von Idebedon vom 17.03.2016: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2527/2016-03-17_AM-RL-XII_Idebenon_D-191_BAnz.pdf, (zuletzt aufgerufen am 16.6.2016)
[12] Beschlusstext des G-BA nach Nutzenbewertung von Safinamid vom 11.05.2015: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2376/2015-11-05_AM-RL-XII_Safinamid_2015-05-15-D-168_BAnz.pdf, (zuletzt aufgerufen am 16.6.2016)
[13] Beschlusstext des G-BA nach Nutzenbewertung von Vortioxetin vom 15.10.2015: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2354/2015-10-15_AM-RL-XII_Vortioxetin_2015-05-01-D-162_BAnz.pdf
[14] Beschlusstext des G-BA nach Nutzenbewertung von Dasabuvir vom 16.07.2015: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2294/2015-07-16_AM-RL-XII_Dasabuvir_2015-02-01-D-152_BAnz.pdf, (zuletzt aufgerufen am 16.6.2016)
[15] Beschlusstext des G-BA nach Nutzenbewertung der Ombitasvir / Paritaprevir / Ritonavir-Kombination  vom 16.07.2015: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2295/2015-07-16_AM-RL-XII_Ombitasvir-Kombi_2015-02-01-D-153_BAnz.pdf, (zuletzt aufgerufen am 16.6.2016)
[16] Beschlusstext des G-BA nach Nutzenbewertung von Blinatumomab vom 02.06.2016: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2605/2016-06-02_AM-RL-XII_Blinatumomab_D-201.pdf, (zuletzt aufgerufen am 16.6.2016)
[17] Beschlusstext des G-BA nach Nutzenbewertung von Ceritinib vom 17.12.2015: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2414/2015-12-17_AM-RL-XII_Ceritinib_2015-07-01-D-171_BAnz.pdf, (zuletzt aufgerufen am 16.6.2016)
[18] Beschlusstext des G-BA nach Nutzenbewertung von Cobimetinib vom 02.06.2016: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2607/2016-06-02_AM-RL-XII_Cobimetinib_D-196.pdf
[19] Beschlusstext des G-BA nach Nutzenbewertung von Nintedanib vom 03.09.2015: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2322/2015-09-03_AM-RL-XII_Nintedanib_nAWG_2015-03-15-D-156_BAnz.pdf, (zuletzt aufgerufen am 16.6.2016)
[20] Beschlusstext des G-BA nach Nutzenbewertung von Nivolumab vom 02.06.2016: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2443/2016-01-07_AM-RL-XII_Nivolumab_2015-07-15-D-176_BAnz.pdf, (zuletzt aufgerufen am 16.6.2016)
[21] Beschlusstext des G-BA nach Nutzenbewertung von Olaparib vom 27.11.2015: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2383/2015-11-27_AM-RL-XII_Olaparib_2015-06-01-D-166_BAnz.pdf, (zuletzt aufgerufen am 16.6.2016)
[22] Beschlusstext des G-BA nach Nutzenbewertung von Panobinostat vom 17.03.2016: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2529/2016-03-17_AM-RL-XII_Panobinostat_D-180_BAnz.pdf, (zuletzt aufgerufen am 16.6.2016)
[23] Beschlusstext des G-BA nach Nutzenbewertung von Pembrolizumab vom 04.02.2016: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2490/2016-02-04_AM-RL-XII_Pembrolizumab_2015-08-15-D-186_BAnz.pdf, (zuletzt aufgerufen am 16.6.2016)
[24] Beschlusstext des G-BA nach Nutzenbewertung von Ramucirumab vom 01.02.2016: https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2292/2015-07-16_AM-RL-XII_Ramucirumab_2015-02-01-D-150_BAnz.pdf, (zuletzt aufgerufen am 16.6.2016)
[25] Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - § 130b Vereinbarungen zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und  pharmazeutischen Unternehmern über Erstattungsbeträge für Arzneimittel: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__130b.html (zuletzt aufgerufen am 26.7.2016)